Körperbild – Horizontal gedrehtes Bild einer Frau die sich nach hinten lehnt vor lila Hintergrund

Wie sieht dein Körperbild aus?

Eine Anleitung, um dein Körperbild praktisch zu erkunden und besser zu verstehen
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Inhaltsverzeichnis

Fühlst du dich in deinem Körper zu Hause?

Das Körperbild ist das Bild von dir, das du im Spiegel siehst. Aber das ist nur ein kleiner Aspekt.

Dein Körperbild ist gefüllt mit deinem Erleben, also einer Mischung von Körperempfindungen, Gefühlen und Gedanken. Es entscheidet, wie wohl du dich von innen heraus fühlst, als Bewohner*in deines Körpers: Mit einem positiven Körperbild ist dein Körper dein Freund und mit einem negativen dein Feind.

Wie dein Körper tatsächlich beschaffen ist, ist zweitrangig. Das kann zwar beeinflussen, wie leicht es dir fällt, Freundschaft zu schließen. Es kann und darf aber nie zur Rechtfertigung für Selbsthass werden.

Mit deinem Körper befreundet zu sein, ist das grobe Ziel der Arbeit mit dem Körperbild. Du sollst dich in deinem Körper zu Hause fühlen können und gerne in dir wohnen.

In diesem Artikel,

  1. leite ich dich an, wie du dein eigenes Körperbild erkunden kannst und
  2. gebe dir Informationen dazu, wie sich ein Körperbild entwickelt und worin es dich beeinflusst.

Mit dem ersten Teil kannst du gleich praktisch experimentieren. Dazu brauchst du etwas zum Schreiben und einen Spiegel. Oder du liest im zweiten Teil zuerst mehr zur Theorie – wie du willst.

Dein Körperbild erkunden – Anleitung

Jetzt geht es darum, dein Körperbild bewusst kennenzulernen. Das kannst du auf drei Ebenen erforschen:

  1. Was siehst du, wenn du dich (Im Spiegel) anschaust?
  2. Was erlebst du, wenn du dich (Im Spiegel) anschaust?
  3. Was erlebst du, wenn du die Augen schließt und in deinen Körper hinein spürst?

Es geht in dieser Anleitung nicht darum, wie du anders mit deinem Körperbild umgehen kannst oder Veränderung in dein Körpererleben bringst. Das sind weitere Schritte, für die du dein Körperbild schon gut kennen solltest.

Dein Körperbild auf drei Ebenen

1. Dein Körper von außen

Dein Blick ist subjektiv und dich völlig neutral anzuschauen, gelingt deswegen nie. Aber du kannst dich darauf fokussieren, was du siehst, anstatt dich in wertenden Gedanken, Gefühlen oder Empfindungen zu verlieren.

So siehst du dich (im Spiegel) an. Stück für Stück notierst du dir, was du siehst. Zwei Augen, Farbe: blau. Mittellange Haare, Farbe: rot. Nase, Mund, zwei Ohren.

Je emotionaler das Thema Körper für dich ist, desto wichtiger und interessanter kann diese Ebene sein. Sie kann zu einer Art „reality check“ werden und dich daran erinnern, dass du zuerst einfach nur irgendeine Art von Körper hast. Keine große Sache, nicht gut, nicht schlecht.

Distanziere dich konsequent von deinen Bewertungen und beachte sie nicht. Wenn dir das nicht gut gelingt und es dich emotional zu sehr bewegt, experimentiere damit nur in Begleitung.

Diese erste Ebene ist dein Gerüst für die beiden folgenden Ebenen:

2. Dein Körper von außen und von innen

Als Nächstes beobachtest du deine Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen, während du dich ansiehst.

Deine Bewertungen machst du dir zwar bewusst, beobachtest sie aber nur. Das heißt, du behältst eine ausreichende Distanz zu ihnen, sodass sie dich nicht überwältigen.

Du siehst deinen Körper an und notierst dir für jeden Bereich die Antwort auf die Fragen:

Das dient dir als Bestandsaufnahme für deine Verknüpfung von äußerer Erscheinung und innerem Erleben. Deine Notizen zeigen dir deine Landschaft aus Bewertungen. Du wirst darauf deutlich erkennen, wo dein Körper dir Feind und wo er dir Freund ist.

Je schwieriger das für dich ist, desto besser muss deine Fähigkeit sein, dich selbst zu regulieren und zu erden. Auch hier gilt: lass dich dabei begleiten, solange dir das noch nicht alleine gelingt.

3. Dein Körper von innen

Jetzt geht es nicht mehr um das, was du siehst, sondern nur noch um dein Erleben.

Dieses Mal tastest du deinen Körper von innen heraus ab und notierst dir, was du dort entdeckst. Interessant ist z. B.:

  • Wie nehme ich meine Proportionen von innen heraus wahr?
  • Was spüre ich in diesem Bereich?
  • Ist das angenehm oder unangenehm?
  • Entstehen innere Bilder, Formen, Farben oder andere Gedanken?
  • Was fühle ich dabei?

Schließt du deine Augen, unterstützt das wahrscheinlich deinen Fokus Richtung innen. Du kannst sie jederzeit wieder öffnen.

Du gehst jetzt durch die innere Landschaft deines Körpererlebens. Du wirst schnell feststellen, an welchen Orten du dich gerne oder ungerne aufhältst. Manche Bereiche wirst du vielleicht nicht klar wahrnehmen. Das ist dann ein Teil deiner Landschaft, den du vielleicht noch kaum bewusst bewohnst.

Auch hier gilt: Du musst gut auf dich aufpassen können, im Zweifel ist Begleitung besser.

Veränderungen im Körperbild beobachten

Je nachdem wie deine äußeren und inneren Umstände gerade sind, ist dein Körperbild nicht immer dasselbe. Je öfter du die Ebenen deines Körperbilds beobachtest, desto öfter wirst du Unterschiede und Gemeinsamkeiten feststellen – und vielleicht sogar mehrere separate Körperbilder finden.

Individuelle Körperbildarbeit

Damit hast du jede Menge Informationen für die weitere Arbeit mit deinem Körperbild gesammelt. Hebe dir deine Notizen gut auf und ergänze sie mit allem, was dir im Alltag dazu auffällt.

Du wirst jetzt wissen, wo auf den drei Ebenen deines Körperbilds etwas nicht so ist, wie du es dir wünschst. Das ist ein guter Einsteig in deine individuelle Körperbildarbeit.

So, das war eine große Portion Praxis, Zeit für etwas Theorie. Sehen wir uns an: Wie kommst du eigentlich zu deinem heutigen Körperbild?

Wie sich ein Körperbild entwickelt

Nach unserer Geburt entdecken wir unseren Körper in der Welt. Das passiert nicht isoliert in uns selbst, sondern im Kontakt mit unserer Umgebung:

  1. Wir lernen unseren Körper wahrzunehmen (Körperwahrnehmung), am besten durch abgestimmten Körperkontakt mit unseren Bezugspersonen.
  2. Wir lernen uns mit unserem Körper zu bewegen (sensomotorische Integration), idealerweise in einer reizvollen, interessanten Umgebung.

Wie du deinen Körper heute erlebst, hat seine ersten Wurzeln tatsächlich dort, in den ersten Monaten deines Lebens.

Aber da endet es noch lange nicht: seither hast du ja viele Jahre Erfahrungen mit deinem Körper gemacht. An diese Erlebnisse erinnerst du dich mehr oder weniger bewusst und das zeichnet sich in deinem Körperbild ab.

Springen wir noch mal an den Anfang deines Lebens:

Vom Körperschema zum Körperbild

Aus den Einflüssen von außen, innen und deinen Erinnerungen entsteht in den ersten zwei Lebensjahren in dir ein Körperschema. Das sind erste innere Landkarten, die deinen Körper in dir abbilden und mit denen du ihn von der äußeren Welt unterscheiden kannst: „das hier gehört zu meinem Körper, das nicht“.

In den darauffolgenden zwei Jahren entwickelt sich daraufhin der erste Entwurf deines Körperbilds. Das ist integriertes und reflektiertes Wissen über deinen Körper. Du kannst deinen Körper erkennen und beurteilen – wie aus der Perspektive einer dritten Person: „das im Spiegel ist mein Bein, nicht das von Mama und es ist kleiner als Mamas Bein“.

Anpassung des Körperbilds

Du entwickelst dich nicht nur körperlich weiter, sondern beobachtest und vergleichst dich auch. Dabei urteilst du über dich und die Welt und dein Körperbild verändert sich. Wie genau, hängt von diversen Faktoren ab:

  • der Entwicklung deines Körpers (z. B. Wachstum),
  • neuem Wissen über deinen Körper (z. B. Anatomie),
  • Erlebnissen im Kontakt mit anderen Menschen (z. B. Eltern),
  • Bildern in sozialen und anderen Medien (z. B. Instagram, Bücher),
  • usw.

Daraus entsteht ein eher negatives oder eher positives Körperbild:

Negatives Körperbild

Entstehung eines negativen Körperbilds

Unangenehme und bedrohliche Ereignissen lassen uns schnell glauben, etwas sei mit unserem Körper und deswegen mit uns selbst „nicht richtig“.

Solche Anlässe kennst du vermutlich gut:

  • gesellschaftliche Ideale, denen du nicht entsprichst,
  • überwältigende Erlebnisse, die du nicht gut verarbeiten konntest,
  • abwertende Kommentare, die dich verletzt haben,
  • Bezugspersonen, die ihren Körper hässlich finden, und von denen du das als Normalität kennengelernt hast,
  • usw.

Ein negatives Körperbild liegt dann sehr nahe: Offensichtlich ist und funktioniert dein Körper nicht so, „wie er soll“. Dein Vertrauen in ihn sinkt und so wird eure Beziehung zunehmend schwieriger.

Unangenehmes Körpergefühl

Mit einem negativen Körperbild bist du grundlegend unzufrieden. Du fühlst unwohl und nur noch selten zu Hause in deinem Körper. Verständlich: Wer will schon irgendwo zu Hause sein, wo es unangenehm und bedrohlich ist?

Das beeinflusst, wie du mit dir und deinem Körper umgehst, z. B. wie und was du isst – oder ob du Situationen meidest, wie z. B. ins Schwimmbad zu gehen.

So etwas begleitet dich als Körpergefühl in jedem Moment durch dein Leben und macht alles komplizierter und anstrengend – oder stumpf und leer. Sogar wenn du deinen Körper ignorierst, stehst du ständig latent im Kampf mit ihm und damit mit dir selbst.

Wie sehr das deinen Alltag beeinträchtigt, hängt davon ab, wie negativ dein Körperbild ist: bist du nicht immer ganz zufrieden oder hasst du dich?

Verzerrtes Körperbild: Körperbildstörungen und Körperschemastörungen

Ist ein negatives Körperbild sehr stark ausgeprägt, spricht man von Körperbildstörung: die Beziehung zum eigenen Körper ist regelrecht zerrüttet. Bei Körperschemastörungen werden insbesondere Körperproportionen stark verzerrt wahrgenommen.

Das wird oft Gegenstand von Therapien: bei psychosomatischen, psychiatrischen oder neurologischen Diagnosen wie z. B. Anorexia nervosa oder dem Postraumatischen Belastungssyndrom, aber auch bei Krebserkrankungen, Schwangerschaften oder nach Geburten.

Soweit muss es aber gar nicht kommen. Es genügt schon ein Aufwachsen in unserer Kultur und der ganz gewöhnliche gesellschaftliche Alltag – und wir verlieren regelmäßig die freundschaftlich Verbindung zu uns.

Zu empfindlich, zu schwach, zu dick, zu groß, zu laut, zu leise, da ist „wirklich etwas nicht ganz richtig“. Je mehr solche Selbstbeurteilungen Normalität geworden sind, umso mehr sollte uns das Sorgen machen.

Wie geht es anders?

Positives Körperbild

Genau umgekehrt drückt sich ein positives Körperbild aus – dazu sind wir laut der Wissenschaftlerinnen Tracy L. Tylka und Nichole L. Wood-Barcalow dann in der Lage:

  • Selbstfürsorge & Fürsorge für den Körper,
  • Herausfiltern von Informationen, die dem Körper und Körperbild schaden könnten,
  • Intuitives Essen,
  • Wohlfühlen im eigenen Körper,
  • Selbstbewusstsein,
  • Annahme und bewusster Umgang mit einem Körper, der nicht einem bestimmten Ideal entspricht,
  • weites Verständnis von Schönheit, nicht ausschließlich an einem bestimmten Schönheitsideal orientiert
  • Wertschätzung des Körpers, auch bezüglich seiner Funktion und Fähigkeiten,
  • Liebe für den eigenen Körper.

Mit einem positiven Körperbild ist das Leben deutlich einfacher. Du befindest dich nicht nur in Frieden mit dir selbst – du magst deinen Körper, kannst dich in ihm zu Hause fühlen und gehst freundlich mit ihm um.

Wie weit entfernt ist dein Körperbild davon? Wer wärst du in deinem Leben, wenn ein positives Körperbild selbstverständlich für dich wäre?

Die Sehnsucht im Körperbild

Unzufriedenheit mit bzw. im eigenen Körper spiegelt nicht nur bisherige Erfahrungen wider. Es trägt auch Wünsche und Sehnsüchte für die Zukunft in sich: Was bisher nicht so war, wie es sein sollte, soll sich endlich ändern.

Oberflächlich wünschen wir uns vielleicht kleinere Füße oder stärkere Arme. Eigentlich geht es aber nie nur um abstrakte Zahlen und Formen: Es geht um ein neues Erleben.

Zufriedenheit entsteht aus der Beziehung zu uns selbst und zu anderen. Können wir sein, wer und wie wir in der Welt sein möchten? Fühlen wir uns verbunden und geschätzt?

Letztlich sehnen wir uns danach, uns endlich entspannen zu können, weil wir spüren, dass wir in Ordnung sind und zu dieser Welt gehören dürfen. Nicht mehr hilflos und nicht mehr ausgeliefert. Einverstanden mit uns und endlich bereit für das Leben.

Das ist eine große Sache. Kümmern wir uns darum.

Häufige Fragen

Quellen

Zum Konzept und zur Entstehung des Körperbilds sowie zu den Facetten eines positiven Körperbilds:

  1. Riva, Guiseppe: The neuroscience of body memory: From the self through the space to the others. Cortex, 104 / 2018.
  2. Tylka, Tracy L. / Wood-Barcalow, Nichole L.:  What is and what is not positive body image? Conceptional foundations and construct definitions. Body Image, 14 / 2015.
  3. Tylka, Tracy L. / Wood-Barcalow, Nichole L.: The body appreciation scale-2: item refinement and psychometric evaluation. Body Image, 12 / 2015.