Frau mit roten Pullover rauft sich die Haare vor orangem Hintergrund

So wirken ständige Schuldgefühle!

ZOYA und ein Leben ohne Schuldgefühle
Weiterlesen...

Inhaltsverzeichnis

Leben mit ständigen Schuldgefühlen

Hätte man sich doch mal anders verhalten. Etwas leiser, lauter, zuvorkommender, vorsichtiger, liebevoller, aufmerksamer, angepasster, höflicher, intelligenter, lustiger.

Würde man mal mehr tun. Mehr arbeiten, nachdenken, einkaufen, putzen, reden, zuhören, lernen. Oder weniger. Schlafen, essen, ausruhen, fernsehen.

Wäre doch mal alles endlich gut genug!

Keine Chance. Wenn du unter ständigen Schuldgefühlen leidest, dann gibt es dieses genug nie. Und das hat überhaupt nichts damit zu tun, wie du dich tatsächlich verhältst.

Selbst wenn du gar nichts machst und glaubst, jetzt wäre mal alles ok: ein Blick genügt…„hat die mich komisch angesehen – hab ich was falsch gemacht?“ – der nächste Zweifel wartet schon.

In diesem Artikel analysiere ich mit dir, wie ständige Schuldgefühle wirken. Je besser du die Dynamik darin verstehst, desto nachhaltiger kannst du eine neue, freundliche Beziehung zu dir selbst aufbauen.

Beginnen wir: wie kommt es zu diesem chronisch schlechten Gewissen?

Schuldgefühle – Person sitzt mit angewinkelten Beinen und gesenktem Kopf auf dem Boden

Ursachen in der Kindheit und später

Ständige Schuldgefühle sind die Summe aus deinen Erfahrungen und Bewertungen: „so bin ich also, so sollte ich sein und so funktioniert die Welt“.

Überzeugungen, die daraus entstehen, sind tief verankert in deinem Körper, deinen Gefühlen und Gedanken: sie werden zum unantastbaren Selbst- und Weltbild.

Solche Konzept entstehen nicht aus dem Nichts. Vielmehr braucht es dafür viele und / oder stark emotionale Erlebnisse. Besonders prägend ist dafür die Kindheit, weil unser Gehirn sich in dieser maßgeblich entwickelt: wir lernen wie Leben geht.

Aber auch später können z. B. toxische Beziehungen und destruktive Gruppen unsere Konzepte stark verändern; ebenso einzelne traumatische Erlebnisse wie Unfälle, Kriege und Naturkatastrophen.

Das heißt, vielleicht wurdest du ständig kritisiert und es gab Menschen, die gezielt Macht auf dich ausgeübt haben: z. B. Eltern oder Lehrer*innen, denen mehr daran gelegen war, dass du nach ihren Vorstellungen funktionierst, als dass du dich entfaltest.

Vielleicht gab es auch Umstände oder Ereignisse, die unerträglich für dich waren und du hast versucht sie mittels Schuldgefühlen etwas auf Distanz zu halten und zu kontrollieren.

Viele verschiedene Einflüsse können eine Rolle spielen. Welche Ursachen deine ständigen Schuldgefühle haben, wird dir immer klarer werden, sobald du dich dir selbst näherst und eine stabile Verbindung zu dir aufbaust.

Schuldgefühle – Frau mit weißem Shirt verschrenkt die Arme und lächelt vor rotem Hintergrund

Wichtiger als die Ursachenforschung ist aber zunächst das Verständnis für die Funktion der Schuldgefühle in deinem Leben:

So wirken Schuldgefühle

Spüre mal nach, ob und was von den folgenden Punkten du bei dir selbst nachvollziehen kannst. Vielleicht könnte es sich auch lohnen ein paar Notizen zu machen und dich regelmäßig im Alltag zu beobachten: Welche Wirkung hat dein schlechtes Gewissen auf dich?

Falls du noch tiefer gehen magst: einen Artikel zu typischen Symptomen von Schuldgefühlen findest du auch hier im Magazin!

Schuldgefühle trennen dich von dir selbst.

Sie trennen dich von deinem Glück. Von deiner Lebendigkeit, Freude, Liebe und Leichtigkeit. Einem schlechten Gewissen folgt zwingend der Versuch dich von deiner Schuld zu befreien. Dazu musst du dir verbieten, allzu glücklich zu sein. Denn wer glücklich ist, leidet nicht. Und wer nicht leidet, sühnt seine Schuld nicht. Und schließlich bist du ja überzeugt schuldig zu sein.

Ob du einer Person dann Blumen schickst oder dich vor lauter diffusem schlechten Gewissen vorsorglich für alles entschuldigst – deine inneren Richter werden nur bei einer gehörigen Portion Leid leiser.
    
Das kann so weit gehen, dass du dich selbst in einer Endlosschleife hältst: Schuldgefühle tauchen auf, wenn es dir gut geht. Das lässt dich dich schlechter fühlen. Daraufhin ziehen sich die Schuldgefühle zurück und du fühlst dich besser. Das feuert das schlechte Gewissen wieder an und es geht von vorne los.

Schuldgefühle – Sechseckige Wendeltreppe nach unten führend

Schuldgefühle trennen dich von anderen Menschen.

Dazu gibt es einmal die Variante der offensichtlichen Selbstbestrafung: du isolierst dich vorsorglich, bevor es andere tun. Andere sind „zu gut“ für dich und wertvolle Gemeinschaft hast du scheinbar nicht mehr verdient. Du beweist deinem inneren Richter, dass du es wirklich ernst meinst.

Aber selbst wenn du es nicht so drastisch angehst, die Verbindung verlierst du trotzdem. Hältst du dich selbst in deinen Schuldgefühlen gefangen, verläufst du dich in Irrtümern. Das passiert vor allem in Bezug auf deine Verantwortung.

Entweder gehst du nicht sorgsam mit deinem Einfluss auf deine Umgebung um. Oder du hast den Einfluss gar nicht, um den du dich versuchst zu kümmern. In beiden Fällen kannst du in Beziehungen deinen angemessenen Platz als Gegenüber nicht einnehmen.

Was bedeutet das genau?

Einfluss ohne Verantwortung

Verantwortung zu übernehmen, bedeutet aktiv und gewählt auf das Einfluss zu nehmen, auf das man Einfluss nehmen kann.

Du kannst nicht präsent und sorgsam auf dein Leben und das anderer achten, wenn es dich zu sehr beschäftigt deine eigenen Schuldgefühle in Schach zu halten. Wer sich selbst geißelt, beschneidet sich der Möglichkeit Leben zu gestalten. Du stehst nicht mehr zu dir selbst, sondern versuchst dein schlechtes Gewissen zu besänftigen.

Verantwortung ohne Einfluss

Oder du übernimmst Verantwortung für etwas, für das du gar keine Verantwortung übernehmen kannst, besonders betroffen: die Gefühle anderer. Wieder ein Irrtum an den du deine Lebensenergie verschwendest.

Ein Beispiel: du bist verantwortlich dafür, ob du Vereinbarungen einer Beziehung einhältst. Vergisst du dann eine Verabredung, bist du verantwortlich für dein Fernbleiben - aber nicht für die Enttäuschung des Gegenübers.

Dieser Unterschied macht dein Verhalten nicht weniger wichtig. Er gibt aber allen Beteiligten ihren Verantwortungsbereich zurück und damit ihren Einfluss. Schuldgefühle bringen wie immer nichts…

Manchmal übernimmst du vielleicht die Verantwortung für alles, was du finden kannst, ob du Einfluss darauf hattest oder nicht. Hauptsache du belädst dich mit Schuld. Und ist dein Inneres schon überfüllt mit Schuldgefühlen, gehst du bei der kleinsten Kritik an die Decke oder brichst zusammen.

Kritik bedeutet nämlich automatisch Schuldgefühl und davon kannst du nun wirklich nicht mehr ertragen. Solche Szenen können übrigens auch in dir ablaufen, zwischen verschiedenen inneren Teilen. Ergebnis sind dann quälende innere Konflikte.

Schuldgefühle – Frau legt Kopf und Arme auf den Tisch vor sich

Kommunikation ohne Gegenüber

Verstrickst du dich in Schuldgefühlen, verliert dein Gegenüber dich als Beziehungspartner*in. Du bist so mit der eigenen Bewertung deines Verhaltens beschäftigt, dass du gar keine freien Kapazitäten hast. Die echte Begegnung mit einem anderen Lebewesen ist nicht mehr möglich.

Hast du jemand anderem tatsächlich geschadet, fehlt deine Präsenz. Erledigt von deinem eigenen schlechten Gewissen, versinkst du in Vorwürfen. Tiefe, ehrliche, heilsame Zuwendung und Unterstützung für dein Gegenüber kannst du dann gar nicht mehr anbieten. Damit lässt du Menschen doppelt im Stich.

Je gewohnter du es bist, dich schuldig zu fühlen, umso mehr kann dir dein Verhalten mit seinen Folgen sogar egal werden. Du zahlst sowieso mit Schuldgefühlen.

Schuldgefühle trennen dich von der Welt.

Genauso wie dein schlechtes Gewissen dich von dir selbst und anderen Menschen trennt, trennt es dich von der Welt an sich. Schuldgefühle sind auf das Empfinden von Leid und Trennung ausgerichtet. Wie solltest du dabei Glück, Vertrauen und ein Getragenwerden durch das Leben empfinden?

Schuldgefühle – Person wartet an einem Gitter inmitten einer Strasse und hält den Kopf gesenkt

Schuldgefühle sabotieren dich

Schuldgefühle sprechen dich schuldig – auch ohne Schuld.

Je umfassender Schuldgefühle sich gegen deine ganze Person richten, umso mehr sprechen sie dir deine angeborene Unschuld ab. Sie wenden sich gegen deine Würde und deine Selbstachtung. Sie verletzen dich und bedeuten Gewalt gegen dich selbst.

Wer versucht dir Schuldgefühle zu vermitteln, der übt ganz aktiv psychische Gewalt aus! Dass das in streng religiöser Erziehung oder destruktiven Gruppen akzeptiert ist und mit Rechtfertigung auf z. B. die Bibel geschieht, macht es noch schlimmer.

Schuldgefühle verhindern deine freie Entfaltung.

Schuldgefühle unterbinden Neugier und die Wagnis Risiken einzugehen. Wer schuldig ist, sollte sich schließlich vom Leben fern halten und von allem, was es mit Neugier zu entdecken gibt. Denn das hast du scheinbar nicht mehr verdient.

Schuldgefühle aus der Kindheit und Jugend, insbesondere wenn sie aktiv gefördert wurden, hemmen deine freie Entfaltung und Entwicklung. Sie unterstützen die Abspaltung von deinen eigenen Wünschen.

Schuldgefühle schwächen deine Fähigkeit zur Selbstverteidigung.

Schuldgefühle können dich so sehr schwächen, dass du deine Selbstbestimmtheit, deine eigenen Ansichten und dein Recht untergraben, dich selbst zu vertreten und angemessen zu verteidigen. Du gibst dir kein Recht mehr darauf.

Schuldgefühle – Übereinander gelegte Hände auf einem Tisch

Schuldgefühle halten alle in einer Opferrolle.

Aus einer Perspektive von Schuldgefühlen hältst du alle in einer Opferrolle. Zum einen deine vermeintlichen Opfer und zum anderen dich selbst. Schließlich musst du Strafe erleiden und Buße tun und wirst dadurch zu deinem eigenen Opfer.

Schuldgefühle binden dich an die Vergangenheit.

Dein schlechtes Gewissen hält dich von einem Leben in der Gegenwart ab. Statt dich zu verabschieden und weiter zu gehen, bleibst du in innerer Verbindung mit denjenigen, denen du vermeintlich etwas angetan hast. Das kann dir den Abschied von Situationen oder Personen verwehren; sogar weit über den Tod oder die Beendigung eines Kontaktes hinaus.

Schuldgefühle machen dich manipulierbar.

Schuldgefühle schwächen dich darin, zu dir zu stehen. Das nutzen Herrschende in autoritären Systemen, wie z. B. Diktaturen oder destruktiven Gruppen, aus, um Macht zu demonstrieren und beizubehalten. Das gleiche gilt auch für toxische Beziehungen und destruktive Familienstrukturen. Je mehr Schuldgefühle du hast, umso schneller nimmst du eine entsprechende Position auch innerlich ein: Stichwort Sündenbock.


Ist es nicht Wahnsinn, wie zerstörerisch Schuldgefühle eigentlich sind? Sie schaden uns allen zusammen. Machen wir uns auf in ein Leben ohne Schuldgefühle!